Donnerstag, 26. Januar 2012

Schulnoten? – Setzen, Sechs!

Wieder einmal ist es soweit und uns Schüler_innen steht die Zeugnisvergabe bevor: Eine – meiner Meinung nach – gute Gelegenheit um sich mit Sinn und Unsinn von Noten als Mittel zur Leistungsbewertung der Schüler_innen durch Lehrkräfte auseinanderzusetzen.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass das System der Vergabe der Schulzensuren in seinen verschiedenen Ausprägungen in vielen unterschiedlichen Staaten auf der ganzen Welt verbreitet ist. So basiert das z.B. in den USA meist verbreitete System auf der Vergabe der Zensuren A (für sehr gute) bis F (für ungenügende Leistungen), während beispielsweise in Polen die Noten 1 bis 6 vergeben werden, wobei die 6 dort die Bestnote darstellt.
Die Zensurenvergabe funktioniert in diesen Ländern also nach dem gleichen Prinzip wie die in Deutschland. Dort werden seit 1938 – also erstmals unter Hitler – die Noten 1 bis 6 für sehr gute bis ungenügende Leistungen vergeben.
In Deutschland, wie auch in anderen Teilen der Welt, haben Schulnoten also bereits eine gewisse Tradition. Abgesehen davon, dass ich ohnehin denke, dass die meisten Traditionen nur dazu da sind gebrochen zu werden, gibt es auch logische und handfeste Argumente, die gegen das bestehende System der Leistungsbeurteilung sprechen.
Das aktuelle System suggeriert, dass Leitungen von Schüler_innen mit gleichen Zensuren im Zeugnis vergleichbar seien. Dass aber schon die Notengebungen verschiedener Lehrer_innen einer Schule untereinander nicht vergleichbar sind – von Notenvergaben durch Lehrer_innen unterschiedlicher Schulen in einem Bundesland oder gar in verschiedenen Ländern ganz abgesehen – sollte eigentlich jedem klar sein. Aber ist es überhaupt erstrebenswert eine solche Vergleichbarkeit herzustellen? Schon heute hat die Bildung, die junge Menschen in den Schulen erfahren, kaum noch etwas mit der Bildung zu tun, wie sie sich Humanist_innen unterschiedlichster Epochen vorstellte. Sie ist vielmehr so gestaltet den_die Einzelne_n möglichst verwertbar für den Arbeitsmarkt zu machen. Noch mehr Vergleichbarkeit wäre der Umsetzung des humanistischen Grundgedankens der Bildung wohl kaum förderlich.
Außerdem erheben Kritikerer_innen des bestehenden Bewertungssystems einen schweren Vorwurf, der als „makabere Konstante“ bekannt ist. Dieser drückt aus, dass die Bewertung mit Hilfe von Schulnoten grundsätzlich immer zur Folge habe, dass Lehrer_innen dem Trend oder gar Zwang unterlägen, wenigen Schüler_innen „gute“ und „schlechte“, den meisten aber mittelmäßige Noten zu geben. Die eigentlichen Leistungen der zu bewertenden Schüler_innen würden dabei allerdings zu wenig berücksichtigt.
Mit einfachen Worten: Solange es Überflieger_innen in einer Klasse gibt, gibt es auch mittelmäßige Schüler_innen und totale Nieten. Das darf eigentlich nicht der Anspruch eines Bildungssystems sein, das seinem Namen bestmöglich gerecht werden will.
So komme ich zu dem Schluss, dass eine langfristige Verbesserung des Bildungssystems nur mit der Reformierung und Individualisierung des Bewertungssystems möglich ist. Ob persönliche Verbalbewertungen durch Lehrkräfte – wie an deutschen Grund- und Waldorfschulen üblich – eventuell einen geeigneten Ersatz darstellen könnten, muss diskutiert werden.

OBI

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